"Der Bundesrechnungshof hat auf die Gefahr von Interessenkonflikten hingewiesen, wenn Amtsträger des Bundes in Projektbeiräten mitwirken. Die im Planfeststellungs-wie auch im Zuwendungsverfahren eingebundenen Bediensteten des EBA und des BMVI müssen die Sachverhalte ergebnisoffen anhand der gesetzlichen Vorgaben prüfen. Hat eine Führungskraft des EBA bzw. des BMVI an einem Beschluss eines Projektbeirats mitgewirkt, der sich außerhalb der rechtlichen Vorgaben bewegt, kann dies die mit der Entscheidung befassten Bediensteten in einen Interessenkonflikt führen. Dies gilt vor allem dann, wenn der Amtsträger, der im Projektbeirat mitwirkt, ihnen gegenüber eine vorgesetzte Funktion ausübt. Außerdem kann durch Einbindung von Amtsträgern in Beschlüsse der Projektbeiräte die Unabhängigkeit und die Neutralität der Planfeststellungsbehörden gefährdet werden"

IG BOHR: Bitte um Kenntnisnahme und Unterstützung

Der Angriff des Bundesrechnungshofs auf den sehr sinnvollen Projektbeiratsansatz muss abgewehrt werden. Seitens der IG BOHR haben wir dazu ein entsprechendes Schreiben an den Präsidenten der BRH gesandt, mit politischer Verbreitung. Wir bitten um Kenntnisnahme und Unterstützung.

Stellungnahme der IG BOHR an den Präsidenten  des Bundesrechnungshofes

Auszüge:

"Sehr geehrter Herr Präsident, wenn in Zukunft große Verkehrsprojekte im vernünftigen Kostenrahmen zügig geplant und realisiert werden sollen, dann muss weit mehr Mühe in einen ersten von der unmittelbar davon betroffenen Bevölkerung mitgestalteten und akzeptierten Projektentwurf investiert werden, als das bisher geschehen ist. Es bedarf daher einer neuen Planungskultur mit der Etablierung von Projektbeiräten als formalem Bestandteil eines strukturierten Gesamtverfahrens. Der Projektbeirat ist das Gremium der ersten Stunde einer jeden Realisierung von Großprojekten. Seine Entscheidungen sind bindend und nicht bloße Willensäußerungen, das Beratungsergeb-nis wäre dem Deutschen Bundestag vorzulegen. Im Projektbeirat haben Vertreter aller am Projekt beteiligten Parteien Sitz und Stimme, insbesondere die Bürgerschaft, die angesichts der Standzeiten großer Verkehrsprojekte von ein- bis zweihundert Jahren die Folgen einer falschen Planung auszubaden hätte. In unserer Demokratie wäre dies der Ausdruck von Volkssouveränität, die bereits im Grundgesetz festgeschrieben ist. Die „Beteiligung der Öffentlichkeit“, wie sie heute praktiziert wird, ist eine pseudodemokratische Farce. Althergebrachte Beteiligungsinstrumente eines Planfeststellungsverfahrens werden daher zu keinem befriedigenden Ergebnis mehr führen.

Projektbeiräte sind gerade dazu da, um falsche Weichenstellungen und inakzeptab-le Fehlplanungen zu verhindern. In einem wichtigen Punkt möchten wir Ihnen daher ausdrücklich widersprechen:

Die Teilnahme und Mitwirkung von Führungskräften des BMVI als Vertreter des Bundes und damit des Bauherrn im Projektbeirat eines großen Verkehrsvorhabens ist unabdingbar und zwingend erforderlich.

Hochrangige Vertreter der BMVI als Amtsträger des Bundes gefährden damit keineswegs die Unabhän-- 4 -gigkeit und Neutralität ihrer Behörde, sondern leisten einen enorm wichtigen Beitrag zur Entscheidungsfindung. Es wäre kontraproduktiv und würde Verständnislosigkeit in der Bevölkerung hervorrufen, wenn der Bund zukünftig von einer Teilnahme an Projektbeiräten absehen würde."

"Unter 37.1 "Schienenwege planen und Öffentlichkeit beteiligen" führen Sie aus: „Bevor Schienenwege des Bundes neu- oder ausgebaut wer-den können, stellt das zuständige Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) nach der Grobplanung von Varianten in der Regel zunächst bei der zuständigen Landesbehörde einen Antrag auf Raumordnung. Diese führt anschließend ein Raumordnungsverfahren durch. Dabei erörtert das EIU das Projekt und die Trassenvarianten erstmals mit den betroffenen Stellenund der Öffentlichkeit“. Erstmals an dieser Stelle soll die Öffentlichkeit davon erfah-ren, worum es geht? Da ist es bereits zu spät! So kann sich künftig kein Projekterfolg mehr einstellen.

Einzig erfolgversprechend wäre folgender Duktus:
„Bevor Schienenwege des Bundes neu- oder ausgebaut werden können, tritt vorhabenspezifisch ein Projektbeirat zusammen“.

"Ein Projektbeirat ist unbedingt der Planfeststellung vorzuschalten. Er ist weit mehr als bloße „Bürgerbeteiligung“. Nach unserem Verständnis befasst er sich mit einer Art Projektentwurf, steckt den Rahmen und die Eckpunkte insbesondere hinsichtlich der Trassenwahl ab und stellt die grundlegende Akzeptanz des vorgesehenen Projekts durch die Betroffenen (Kommunen, Träger öffentlicher Belange, Bevölkerung) sicher. Beispielgebend ist das deutlich komplikations- und konfliktärmere Prozedere in der Schweiz, wo zuerst der Konsens mit den Anliegern hergestellt und anschließend geplant wird. So werden Irrwege und Fehlplanungen vermieden, die sonst mit hohem finanziellem und zeitlichem Aufwand wieder korrigiert werden müssen.

Stellungnahme der IG BOHR

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI)
(Einzelplan 12)37
Amtsträger in Projektbeiräten können Unabhängigkeit und Neutralität von Behörden gefährden
(Kapitel 1222 Titel 891 01)

 

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